Es ist die Abgeschiedenheit, der die Liebesinsel zu einem Ort der Stille macht. Die hübsche kleine Backsteinbrücke und ein Bootsverleih gehörten von Anfang an dazu. Beim Entwurf ließ sich Stadtpark-Planer Fritz Schumacher von dem Gemälde „Die Toteninsel“ von Arnold Böcklin inspirieren. Dieses gehörte zu seinem Lieblingsmotiven und hing angeblich über seinem Schreibtisch. Wenn man an einem düsteren Herbsttag direkt am Wasser steht und auf den spiegelglatten See blickt, auf dem welkes Laub träge vor sich hin treibt, hat dieser Ort tatsächlich etwas Morbides an sich.
Doch heute ist Spätsommer, ein wunderschöner Tag. Es ist kurz nach zehn an diesem Sonntagmorgen, als ich die Insel besuche. Sie ist fast menschenleer. Das Wasser ist tiefblau, die Boote stehen noch am Anleger, und wenn ich von der Insel aus in Richtung Festland blicke, sehe ich nichts anderes als Grün, gerade so, als befände ich mich in einem Regenwald. Auf der Insel stehen Blumenkübel, die je nach Jahreszeit bepflanzt sind, heute mit Pelargonien und Wunderbäumen. Überall finden sich, in kleinen Grüppchen verstreut, rot gestrichene Holzstühle, die zum Verweilen einladen. Am Wasser gibt es viele lauschige Ecken, wo man unter sich ist. Vermutlich gab dieser besondere Vorzug der Insel ihren volkstümlichen Namen.
Die Liebesinsel stellt den südlichen Endpunkt der Querachse des Parks dar. Diese verläuft über den See hinweg, durch die Platanenallee bis hin zur Freilichtbühne. Die italienischen Säulenpappeln, durch die man einst – einem Rahmen gleich – über den See hinüber zum Parkcafé blicken konnte, gibt es heute nicht mehr, ebenso wenig wie das Café selbst, denn es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Heute dominieren auf der Insel vor allem Sumpfzypressen und Obstbäume. Wenn im Frühjahr die Kirschen blühen, ist dies wahrhaftig keine Toteninsel. Sondern vielmehr ein kleines Paradies.
Fotos und Redaktion: S. Gabriel